Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft Leibniz-Gemeinschaft

Präteritumsmorphologie in Tempus und Modalität (PaTMo)

Das im Oktober 2016 gestartete Projekt untersucht die Semantik von Präteritumsmorphologie. Das Präteritum wird, als Tempus, typischerweise zum Ausdruck zeitlicher Verhältnisse gebraucht. In Hans hatte ein Auto drückt es aus, dass es eine Zeit vor dem Sprechzeitpunkt gibt, für die galt: Hans hat ein Auto. Aber das ist nicht immer so. Den Satz Hans träumte, dass er ein Auto hatte kann man so verstehen, dass Hans zu einer Zeit vor dem Sprechzeitpunkt träumt, dass er zur Zeit des Traumes ein Auto hat – nicht, dass er träumt, vor der Zeit des Traumes ein Auto zu haben. Hier spricht man von Sequence-of-Tense, oder Consecutio temporum. Im Englischen tritt das Präteritum auch in kontrafaktischen Konditionalsätzen auf, wie in If John had a bike right now, he could drive to school. Im Deutschen verwenden wir hier den Konjunktiv II, wie in Wenn Hans jetzt ein Rad hätte, könnte er zur Schule fahren; der Konjunktiv II steht formal dem Präteritum nahe und ist bei den regelmäßigen Verben mit ihm identisch. Manchmal ist Präteritum sogar mit Zukunftsbezug möglich, wie in Wir waren für morgen verabredet, richtig? In einigen Sprachen kann Präteritum auch bei Imperativen verwendet werden, die normalerweise eine zukunftsorientierte Interpretation erfordern, wie im Niederländischen Hat dat eerder gedaan! ‘Hättest du das früher getan!’ Präteritum kann manchmal auch eine besondere Art von Sprechakt ausdrücken, wie wenn man zu einem Kellner sagt: Wir hatten drei Bier, bitte.

Die nicht-temporalen Verwendungsweisen des Präteritums in Consecutio-Temporum-Fällen und bei kontrafaktischen Konditionalen wurden schon früher untersucht. Die anderen drei nicht-temporalen Gebrauchskontexte wurden hingegen nicht detailliert erforscht. Die nicht-temporalen Interpretationen des Perfekts wurden zudem fast immer unabhängig voneinander und von der temporalen Gebrauchsweise analysiert. Das PaTMo-Projekt hat zum Ziel, eine übergreifende Perspektive auf den Präteritumgebrauch zu entwickeln, welche alle Verwendungsweisen betreffen soll. Es will dabei sprachvergleichende Daten aus einigen Dutzend Sprachen heranziehen, denn der nicht-temporale Gebrauch des Präteritums ist vergleichsweise häufig. Diese sprachvergleichende Untersuchung ist wichtig, weil sie uns sagt, welchen Bedingungen die nicht-temporalen Verwendungsweisen des Präteritums unterliegen. Wenn bestimmte Verwendungsweisen mit bestimmten anderen typologischen Eigenschaften einhergehen, wären das wichtige Daten für eine sprachübergreifende Analyse dieser Tempus-Form.