Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft Leibniz-Gemeinschaft

Abschwächende Polaritätselemente aus dem skalaren Bereich (DegAtt)

Natürliche Sprachen verfügen über eine Vielzahl von lexikalischen Ausdrücken, die Grade oder Quantitäten bezeichnen oder diese modifizieren. Viele davon sind negative oder positive Polaritätselemente und mithin auf negative bzw. positive Umgebungen beschränkt. In diesem Projekt wird, aufbauend auf den Ergebnissen des Vorgängerprojekts „Skalen und ihre Strukturen“, eine besondere Klasse von Polaritätselementen untersucht, die als Degree Attenuators (DAs) bezeichnet werden, weil sie durch einen abschwächenden Effekt charakterisiert sind (Israel 1996).

Paradigmatische Beispiele für diese Klasse ist das negative Polaritätselement much (z.B. ‚Fred *has / doesn't have much money’) und das positive Polaritätselement fairly (z.B. ‚Fred is / *isn't fairly tall’). Das Markenzeichen der DAs ist, dass sie vergleichsweise uninformativ sind, denn durch ihre Verwendung wird eine Behauptung schwächer als mögliche Alternativen. So ist z.B. ‚doesn't have much money’ schwächer als ‚doesn't have money/any money/a dime’ und ‚fairly tall’ schwächer als ‚very/extremely tall’. Die abschwächende Wirkung ist überraschend, da bekannte Polaritätselemente wie any, ever und (k)einen Finger krumm machen den gegenteiligen Effekt haben: Sie verstärken die Behauptung im Vergleich zu möglichen Alternativen.

DAs bilden eine große natürliche Klasse, die von vagen Quantitätsadverbialen (much, far, Japanisch anmari), über sog. Approximierer (about, ungefähr) bis hin zu adjektivischen Gradmodifikatoren reicht (all that, sonderlich, ziemlich) reicht. Aber obwohl sie im Schnittpunkt zweier aktueller Forschungsgebiete der Semantik liegen, nämlich Gradmodifikation und Polaritätssensitivität, haben sie in beiden Gebieten vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit erfahren. Das Ziel des Projekts ist eine umfassende semantische Theorie der 'Degree Attenuators' Klasse. Das Projekt geht von der Annahme aus, dass die Polaritätssensitivität von DAs auf der Basis ihrer skalaren Bedeutung erklärt werden muss und wird sich auf die auf Erkenntnisse aus dem Vorgängerprojekt stützen.  Damit ist es nicht nur das erste breitangelegte Projekt, das die Klasse der ‚Degree Attenuators' zum Gegenstand hat, sondern auch das erste, in dem Polarität aus der Perspektive der Gradsemantik betrachtet wird.