Leibniz-Zentrum Allgemeine Sprachwissenschaft Leibniz-Gemeinschaft

Sprachübergreifende Logik: Konnektive sprachübergreifend ausdrücken und interpretieren (CrossConn)

Logische Verknüpfungen sind neben Zahlen und Geometrie ein wichtiger Baustein des menschlichen formalen Denkens. Vor 170 Jahren hat der britische Logiker Boole in der Booleschen Logik postuliert, dass "oder" dem Operator "|" entspricht und "und" dem Operator "&". Die Mathematik, Informatik und andere Bereichen sind ohne Boolesche Logik nicht denkbar, aber Boole hat nie beabsichtigt zu zeigen, dass seine Operatoren tatsächlich Bausteine des Denkens sind. Die meisten anderen Arbeiten in der formalen Linguistik weisen einen Bias auf, da sie europäische Sprachen betrachten, bei denen die Beziehung zwischen Syntax und Semantik besonders einfach sein könnte. Es gibt aber Grund, an dem Booleschen Ansatz zu zweifeln. Zum Beispiel folgt aus den booleschen Gesetzen, dass unter Verwendung der Negation ein Konnektor redundant ist, also wären Konjunktion allein oder auch Disjunktion allein als Basisbaustein ausreichend.  

Abseits der indoeuropäischen Sprachen wurde bisher keine eingehende sprachübergreifende Studie durchgeführt, die nicht nur all die verschiedenen Möglichkeiten dokumentiert, wie eine einzelne Sprache die Koordination zum Ausdruck bringen kann, sondern auch die Unterschiede zwischen diesen Konstruktionen in Bezug auf ihre semantische und morphosyntaktische Verteilung beschreibt. Zunächst erscheint es einfach festzustellen, wie eine Sprache einfache Konzepte wie "und" und "oder" ausdrückt, aber es gibt Sprachen, denen Konjunktion völlig fehlt; die also kein Morphem aufweisen, dass einheitlich in allen Kontexten als "und" übersetzt werden kann. Solche Sprachen verwenden stattdessen Disjunktion, um eine konjunktive Bedeutung auszudrücken (z.B. Warlpiri, American Sign Language). Andererseits gibt es auch Sprachen, in denen beim Ausdruck von Disjunktion Mittel verwendet werden, die sonst Konjunktion in der Sprache ausdrücken (z.B. Cheyenne, wo Disjunktion auf dem Konjunktionsmorphem basiert).

Dieses Projekt, basierend auf einem intensiven Sprachvergleich, stellt den ersten ernsthaften Beitrag zur formalen Untersuchung der Korrespondenzen und Divergenzen zwischen natürlicher Sprache und Boole'scher Logik dar. Die Entwicklung von Theorien, die verschiedene Strategien zur Bildung von konjunktiver und disjunktiver Bedeutung möglich machen und die Dimension von Variationen solcher Strategien darstellen, ist rezent und daher ist dieser Zeitpunkt günstig für dieses Projekt. Die drei Hauptstränge des Projekts sind die folgenden: (i) die Interaktion zwischen Konnektiva und Negation und die Identifikation von Divergenzen zwischen vorhergesagter Bedeutung in der Boole'schen Logik und der tatsächlichen Bedeutung, (ii) die Funktion von komplexen Konnektiva im Vergleich zu einfachen, und (iii) das Ausmaß der Polyfunktionalität von Konnektiva.

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